Autograph von Richard Wagner
24.06.2020
Nach seiner Flucht aus Dresden 1849 kam Richard Wagner in die Schweiz und lebte 9 Jahre in Zürich. Während dieser Zeit unternahm er zahlreiche Ausflüge in die Bergwelt. Dabei erwies er sich als ausserordentlich gut konditioniert und abenteuerlustig, um nicht zu sagen halsbrecherisch. Seine wagemutigen Touren führten ihn teils tagelang durch hochalpines Gebirge, in abgelegene Gegenden, die in keinem Reiseführer zu finden waren. Seine Faszination von der „Erhabenheit“ der Gebirgswelt spiegelt sich auch in seinem kompositorischen Werk wieder. Auffallend oft führten ihn seine Wege an den Vierwaldstättersee.
So war es kein Zufall, dass er im Frühjahr 1859 für mehrere Monate im Hotel Schweizerhof in Luzern logierte. Bedeutsam an diesem Aufenthalt ist, dass Richard Wagner ein Musikdrama vollendete, was Musikgeschichte schreiben sollte. «Tristan und Isolde» wurde am 6. August 1859 vollendet. Richard Wagner selber schrieb dazu: «Der Tristan ist und bleibt mir ein Wunder! Wie ich so etwas habe machen können, wird mir immer unbegreiflicher…» Bis zur Vollendung allerdings war der Weg steinig. Es gab Rückschläge, die sich sogar auf das körperliche Befinden des Komponisten auswirkten. Zudem fehlte ein ebenbürtiger Gesprächspartner, der die Höhen und Tiefen des Arbeitsprozesses begleiten konnte. Und dann kam ein junger Komponist und Wagnerverehrer nach Luzern: Felix Draeseke. Er erlebte die Vollendung des «Tristan» mit.
Aus Dankbarkeit und in überschwänglichem Eifer formulierte Wagner diese kurze Notiz für seinen Freund: „Liebster! Ich bin Ihnen bei diesem herrlichen Wetter Revanche schuldig und lade Sie hiermit zu einem Ritt auf den Pilatus ein. Kommen Sie bald zu mir. Ihr RW.” Draeseke – nichts ahnend – durfte Wagner also begleiten. Die letzten Meter auf den höchst gelegenen Pilatus-Gipfel namens «Esel» legten sie sicherlich nicht auf dem Rücken eines Maultieres zurück. Wagner war ein geübter Berggänger und konnte seine Freunde aus dem Flachland damit nicht nur beeindrucken, sondern zuweilen auch recht überfordern. So schrieb er über Daeseke später: „Bei welcher Gelegenheit ich wieder sympathische Ängste für einen mit Schwindel behafteten Gefährten zu erleiden hatte.“
Text: Katja Fleischer, Richard Wagner Museum
Autograph von Richard Wagner, 1859
Bleistift auf Briefpapier mit Prägung links oben: «Hotel Schweizerhof Luzern», Schenkung von Eva Rieger im Jahr 2012 an das Museum