Aquarell «Schloss Hohenschwangau»
08.02.2023
In Wagners Tribschener Wohnhaus befindet sich heute das Richard Wagner Museum. Der wohl prominenteste Gast, der jemals darin übernachten durfte, ist Ludwig II., König von Bayern. Er und der Komponist hatten sich zwei Jahre zuvor kennengelernt. Kurz nachdem Ludwig II., gerade einmal 18-jährig, den Thron bestiegen hatte, liess er Wagner ausfindig machen und zu sich bringen,da er einer der glühendsten Verehrer des Komponisten war. Für Wagner ein Glücksfall: Sich in einer prekären finanziellen Lage befindend irrte er damals rastlos umher. Immer wieder sassen ihm die Gläubiger im Nacken. Nun – mit Ludwig II. als seinen Gönner – wandte sich sein Leben geradezu zum Märchen:«Er will mir Alles geben», berichtete Wagner an eine Freundin, «alle Noth soll von mir genommen sein, ich soll haben was ich brauche – nur bei ihm soll ich bleiben. […]. Kann das anderes als ein Traum sein?» Der Monarch liess Wagner nicht nur Geld zukommen, sondern auch immer wieder Geschenke. So zum Beispiel das Aquarell des bayerischen Hofmalers Leopold Rottmann, das Schloss Hohenschwangau zeigt. Der junge König verband mit diesem Ort viele schöne Erinnerungen, denn dort hatte er in seiner Kindheit und Jugend einige Sommer verbracht. Sein Vater Maximilian hatte den im 12. Jahrhundert entstandenen Bau, der nur noch eine Ruine war, ab 1832 im neugotischen Stil restaurieren lassen. Auch als König hielt sich Ludwig II. weiterhin gerne dort auf, Wagner war mehrere Male zu Besuch. Aber nicht nur deshalb war das Aquarell ein passendes Geschenk für den Komponisten. Das Schloss war mit Szenen aus mittelalterlichen Legenden und Dichtungen ausgemalt, darunter auch der Schwanenritter Lohengrin. Als Ludwigim Alter von 15 Jahren Wagners gleichnamiges Werk kennenlernte, war ihm die Sage also schon vertraut. Der Opernbesuch wurde für ihn zum Schlüsselerlebnis: Lohengrin wurde ihm nun zur Projektionsfläche für alle Ideale. Die unbeirrbare Begeisterung des jungen Monarchen für Wagner geht also zu einem Teil auch auf das Schloss Hohenschwangau zurück. Diese ging u.a. so weit, dass er finanziell für den 6-jährigen Aufenthalt des Komponisten in der Villa Tribschen(1866–1872) – inklusive Umbau, Personal und Ausstattung – aufkam. Und der Monarch fühlte sich Wagner eben auch so nahe, dass er an seinem Geburtstag am 22. Mai 1866 nach Luzern reiste (mit der Idee, abzudanken und sich in der Nähe des Komponisten zurückzuziehen). Dabei übernachtete er in einem Raum bei der Küche, den Wagner später in sein Arbeitszimmer umbauen liess. Doch egal, ob vor oder nach der Umgestaltungdes Zimmers, eine Sache blieb gleich: DasAquarell von «Schloss Hohenschwangau» hing darin an der Wand.
Autorin: Franziska Gallusser, Richard Wagner Museum
Aquarell «Schloss Hohenschwangau», 1865
Von Leopold Rottmann, Richard Wagner Museum, Leihgabe aus der Sammlung Köpp-Stocker