Paul Klee

Paul Klee:
Lagunenstadt

03.06.2020

In der Zeit von 1901 bis 1932 hat Paul Klee Italien mehrfach bereist. Auf seiner letzten Italienreise begab er sich 1932 nach Venedig. Aus dieser Zeit stammt auch sein inspirierendes Aquarell «Lagunenstadt». Das vertikale, schmale Werk auf Papier gehört zu den 125 Werken des Künstlers in der Sammlung Rosengart im Herzen von Luzern. Es setzt sich aus Schichten von horizontalen, parallelen Balken und Linien zusammen. Vom unteren bis zum oberen Rand scheint es «in zwei Zonen im Verhältnis von zwei zu drei Fünfteln unterteilt». (Georg Schmidt) Dabei wirkt der obere Teil völlig ausgewogen und ruhig, während die untere Zone durch die vertikalen, L-förmigen Balken bewegt zu sein scheint. In seiner Schrift «Schöpferische Konfession» von 1920 hielt Klee sein so zutreffendes Zitat: «Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.» fest. Und tatsächlich entdeckt der Betrachter, wann immer er seinen Standort und somit die Perspektive vor dem Werk verändert, stets neue Motive. Die blauen und die schwarzen Balken ziehen den Beschauer förmlich in die Tiefe des Werk; gleichsam so, als würde dessen Blick vom Canale Grande weiter hinaus in die Lagune gezogen. Die treppenartig gestuften Balken erinnern an die für Venedig so typischen Gondeln, die sich wie durch das vom Wind wogende Wasser rhythmisch hin und her bewegen. Doch Klees Ansicht der Lagunenstadt ist menschenleer. Insbesondere die Bilder der Medien in den letzten Wochen von dem nunmehr kristallklaren Wasser des Canale Grande ohne riesige Kreuzfahrtschiffe, ohne Touristen, kommen einem dabei spontan in den Sinn. Der Künstler Klee schrieb seiner Frau in einem Brief aus Venedig: «[…]In diesem Wirrwarr und dieser Enge gibt es einige […] Ausnahmen, hauptsächlich der grosse Kanal (aber der ist nass) und den Marcusplatz mit anschliessender Piazzetta und dem Kai, welcher eine Zeitlang breit ist und vor allem Blick-frei.» Man sollte so bald wie möglich in die Lagunenstadt reisen, um diese Sicht geniessen zu können!

Text: Kerstin Bitar, Sammlung Rosengart

Paul Klee: Lagunenstadt, 1932
Aquarell und Feder auf Papier, auf Karton, 48,6 × 28,8 cm