Paul Klee

Paul Klee (1879-1940):
Die Sängerin der komischen Oper

05.04.2021

So eingehend wie Paul Klee hat sich kaum ein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts mit Musik auseinandergesetzt: «die Musik hält seine Malerei und Zeichnung, ist ihnen Postament.» (W. Hausenstein) Klees Begabung als Violinist wurde schon früh von seinen musikaffinen Eltern unterstützt. Die im Museum Sammlung Rosengart zu sehende Nadelritzzeichnung von 1923 «Fiordiligi sich wappnend» sowie die dort ebenfalls aufbewahrte, handkolierte Lithografie von 1925 «Die Sängerin der komischen Oper» belegen seine Begeisterung für die Protagonistin von Mozarts Oper «Così fan tutte ». Standhaft versucht diese, sich den Avancen Ferrandos zu widersetzen und treu zu ihrem zum Schein in den Krieg gezogenen Geliebten Guglielmo zu halten. Ihr «sprechender» Name «Lilie der Unschuld» zeugt davon. Um nicht weiter in Versuchung zu geraten, beschliesst sie, sich Guglielmo anzuschliessen. Sie setzt seinen Zweispitz auf: «Zur Hölle mit dir, unseliger Schmuck! […] an deine Stelle setz ich nun den Hut.» Hierauf bezieht sich Klees Wiedergabe in der Zeichnung wie auch in der Lithografie. Dabei kann erstere als Ursprung einer Werkreihe angeführt werden. Klee verwendete sie zum Durchpausen, indem er die Linien mit einer Nadel durch das Blatt auf eine schwarz eingefärbte Unterlage drückte. Die im kräftigen Rot erstrahlende Luzerner Graphik hatte der Künstler für sich selbst bestimmt. Klee fokussiert sich in beiden Werken einzig auf die Sängerin mit dem charakteristischen Uniformhut. Von der opulenten Rokokorobe, mit Reifrock, Rüschen und Schleifen von 1790 übernimmt er Voluten und Spiralen. Quasi wie Noten und Violinschlüssel erscheinen sie in Fiordiligis Haaren, an ihrem Dekolleté und den Schössen ihres Gewandes. Ihre Augen scheinen wie von einer venezianischen Maske bedeckt zu sein. Beim zweiten Blick erkennt man, dass die rechtwinklig, „marionettenhaft“ (C. Hopfengart) erhobenen Arme und Hände zu einer Lyra geformt sind. So wirkt sie verführerisch und abwehrend zugleich.

Autor: Kerstin Bitar, Museum Sammlung Rosengart
Abgebildet in: Rosengart, Angela (Hrsg.): Sammlung Rosengart. München 2002, S. 129 und 145.

Paul Klee (1879-1940):
Die Sängerin der komischen Oper, 1925
Lithografie, mit Aquarell gespritzt, auf Papier, mit Leimtupfen auf Karton, 60 × 45,8 cm. Werkverzeichnis Nr. 3781