Edouard Vuillard: «Jardin des Tuileries»
07.10.2020

Edouard Vuillard zählt mit Maurice Denise, Pierre Bonnard und Félix Vallotton zu der Künstlergruppe der Nabis. Wie seine Malerkollegen hat auch er sich mit der Bedeutung verschiedener Ornamente und dem zusehends an Bedeutung gewinnenden Textildesign auseinandergesetzt. Die Inspiration der japanischen Holzschnitte spielte dabei insbesondere für ihn eine grosse Rolle. Dies wird auch in dem über zwei Meter hohen Bild «Jardin des Tuileries» von 1894 im Museum Sammlung Rosengart augenscheinlich. Vuillard hatte eine Vorliebe für die Wiedergabe des Bois de Boulogne und der Tuilerien. Für Alexandre Natanson, den Mitherausgeber der viel beachteten Zeitschrift « La Revue blanche», führte er daher begeistert eine Innenraumdekoration mit neun hochformatigen Darstellungen der vornehmen Pariser Gesellschaft in diesen beliebten Parkanlagen aus. Vom Thema, vom Bildaufbau und vom Format her gehört das Luzerner Bild mit zu dieser Serie. Hierfür wählte er eine Kombination mit Motiven aus diesen Grünanlagen, und zwar der Rampe der Tuilerien sowie der Kaskade des Bois de Boulogne. Den sich nach oben erstreckenden Bäumen fügt sich die elegante am rechten Bildrand stehende Dame ein, die ihren Haarknoten zu richten scheint. Dieser vertikale Akzent wird durch die Linien ihrer Robe, aus leichter, dünner Seide, betont. Ihr werden die unschärfer zu erkennenden Spaziergänger auf der linken Seite gegenübergestellt. In der harmonisch ausgewogenen Komposition werden die Figuren mit ihren Kleidern und breitkrempigen Hüten flächig ornamenthaft in die Landschaft eingebunden: ein charakteristisches Merkmal für den Stil der Nabis. Vuillard beschrieb dies als «Ausdruck eines intimen Gefühls auf einer grösseren Fläche». Verstärkt wird diese Wirkung durch die matte Leimfarbe, die Vuillard für Theaterdekorationen, etwa für das «Théatre de l` Oeuvre», verwendet hatte. Welch bühnenähnlicher Eindruck auch durch den Zwischenraum zwischen den Bäumen suggeriert wird, lässt sich am besten vor dem Original feststellen.

Text: Kerstin Bitar, Museum Sammlung Rosengarten Luzern

Abgebildet in: Rosengart, Angela (Hrsg.): The Rosengart Collection. Luzern 2015, S. 46.