Hans Erni (1909-2015)
Hans Erni (1909-2015)
Trouvaillen aus den Luzerner Museen, Hans Erni Museum
14.04.2021
Hans Ernis Schaffen im siebten Lebensjahrzehnt birgt in sich komprimiert die Vielfalt der Stile und Darstellungsweisen, die Konrad Farner, früher Mentor des jungen Erni, schon Ende der 1940er-Jahre als Reaktion des Künstlers auf seine Lebenswelt und die Zeitläufte erkannt hat: „Und wer wollte leugnen, dass unsere Gegenwart nicht ein bunt schillerndes Kaleidoskop darstellt, dessen Seiten immer wieder etwas Anderes, oft Gegenteiliges widerspiegeln?“
Ein treffendes Beispiel für diese oft in einem Werk inkludierte Vielfalt ist die kleinformatige, unbetitelte Komposition in Schwarz, Weiss und Rot. Prominent treten in den beiden Bildhälften von feinen Linien durchzogene Abschnitte hervor, die an die an die flirrenden Panta rhei-Kompositionen der 1930er-Jahre erinnern. Sie werden überlagert einerseits von tiefschwarzen Flächen, die sich als vertikale Streifen und spitze Dreiecke ins Bild schieben, andererseits von einer roten Bogenform, welche die linke Bildhälfte beherrscht. Im Gegensatz zu den scharf begrenzten schwarzen Flächen sind die Ränder der roten Form unregelmässig und erscheinen wie Kanten eines bemalten und dann zerrissenen Papiers, das gleich dem schwarzen Keil links einen Schatten auf die linierte Fläche wirft.
Mit sichtlicher Freude am eigenen virtuosen Können verschränkt Hans Erni in dieser Komposition die perfekte illusionistische Darstellung des Trompe-l’œil mit Elementen von abstrakter und konkreter Kunst und findet so zu einer Synthese der verschiedenen Phasen seines langjährigen Schaffens.
Autor: Heinz Stahlhut
Bildlegende: © Hans Erni-Stiftung, Luzern
Hans Erni (1909-2015), 1970er Jahre
Öl auf Leinwand, 40 × 40 cm Hans Erni-Stiftung. Luzern